Ihre Rechte
bei Girokonto-Kündigung bzw. -Ablehnung
Es scheint wie ein Kampf
David gegen Goliath zu sein: Hier
der schwache Schuldner und dort die allmächtige Bank. Aber das scheint
nur so.
Ich gebe allen gebeutelten Schuldnern Informationen, Tipps und
Hilfsmittel an
die Hand, mit denen Sie als kleiner Schulden-David die riesigen
Banken-Goliaths
in die Knie zwingen können – sprich sich ein Girokonto erstreiten
können.
Dies ist ja eine der
verheerendsten Konsequenzen der
Schuldenspirale: Am Ende steht die Kündigung des Girokontos durch die
Bank. Und
eine andere Bank will auch kein neues Konto eröffnen, weil die alte
Bank
gekündigt hat und/oder weil Pfändungen laufen (alles Informationen, die
die
neue Bank aus Ihrer SCHUFA-Abfrage ersieht). Doch ohne Girokonto gerät
man noch
tiefer in den sozialen Sumpf.
Die Banken wissen das und trotzdem kündigen sie bestehende –
auch langjährige – Girokonten rigoros, sobald Kontopfändungen
durchzuführen
sind. Ja, nicht erst dann, sondern oft schon, wenn ihnen auch nur
Negativmerkmale in der SCHUFA des Kontoinhabers bekannt werden. Ist ein
Konto
erst einmal bei Bank A gekündigt worden, will Bank B auch kein neues
eröffnen,
denn die Kontokündigung ist ein weiteres Negativmerkmal. Der Schuldner
bleibt
ausgeschlossen.
Aber wie soll das heutzutage gehen ohne Konto? Erschwert
sind Arbeitsaufnahme bzw. Weiterbeschäftigung, Anmietung einer Wohnung,
Empfang
von Sozialleistungen etc. Bar-Überweisungen am Schalter sind teuer (5-6
Euro
pro Auftrag!) und verschlimmern die finanzielle Lage weiter.
ohne Konto keine Arbeit => ohne Arbeit kein
Einkommen =>
ohne Einkommen keine
Wohnung => ohne Wohnung keine
Arbeit =>
ohne Arbeit kein
Schuldenabbau
Wahrlich ein Teufelskreis! Doch die Banken können mittlerweile nicht
mehr machen, was
sie wollen und aus lauter Eigennutz und Gewinnmaximierung Ver- und
Überschuldete ins soziale Abseits stellen. Sie tun es nur noch so
lange, wie
der Schuldner seine Rechte und Möglichkeiten nicht kennt. Und genau
diese
erfahren Sie nachfolgend.
Verbraucherschutz-Organisationen
haben den Gesetzgeber Anfang der 90er Jahre sehr intensiv auf das oben
geschilderte Sozialproblem aufmerksam gemacht. Die Folge war, dass ein
gesetzlicher Rechtsanspruch auf ein Girokonto immer wahrscheinlicher
wurde. Ein
solches Gesetz wollten die Banken aber unbedingt verhindern und kamen
ihm mit
der so genannten ZKA-Erklärung zuvor. Hier der Wortlaut (ZKA =
Zentraler
Kreditausschuss = Zusammenschluss der Verbände des Kreditgewerbes): KLICK MICH
Das
sollten Sie wissen:
- Als Bankkunde mit den
Handikaps Verschuldung, Negativeintrag
oder gar Pfändung müssen Sie auf Aktionen Ihrer Bank gefasst sein.
Nehmen Sie
es nicht persönlich, nehmen Sie es wie es ist: als eine normale
Reaktion.
- Bleiben Sie vielmehr
ruhig, damit Sie Ihre Trümpfe besonnen
ausspielen können.Bleiben Sie in allem
korrekt – vom Auftreten (freundlich,
aber selbstbewusst) über die Wortwahl (moderat, nicht laut, nicht
beleidigend –
gerade dies sind berechtigte Kündigungs- bzw. Ablehnungsgründe!) bis
zum
äußeren Erscheinungsbild (angemessene Kleidung und Körperpflege). Dies
alles
macht Sie akzeptabler und erhöht die Erfolgsaussichten.Erwarten Sie nicht, dass
Ihre Bank Sie über die Rechtslage
aufklärt.
- Sie erreichen Ihr Ziel
fast immer, wenn Sie unbequem werden
– und das geht so:
Zeigen
Sie, dass Sie die Rechtslage kennen
Der erste Versuch
beginnt
freundlich-harmlos, aber mit Nachdruck. Am Anfang sollten Sie nicht
gleich
schwere Geschütze auffahren. Spielen Sie langsam Ihre Trümpfe aus.
Verschießen
Sie nicht gleich alles Pulver.
- Suchen Sie zunächst das
Gespräch mit Ihrem Kundenbetreuer.
In einem freundlich-offenen Gespräch lassen sich Zusammenhänge erklären
und
Missverständnisse oft ausräumen. Wenn Sie bei dem Mitarbeiter nichts
erreichen,
lassen Sie sich zum Chef führen.
- Stellen Sie heraus, dass
Sie ein Girokonto auf Guthabenbasis
(ein sog. Jedermann-Konto) einrichten wollen.
- Bei einer
Kontenneueröffnung sollten Sie von Anfang an
darauf hinweisen, dass Ihre SCHUFA Einträge aufweist.
- Geben Sie deutlich zu
verstehen, dass Sie aus einer Beratung
mit Ihrem Anwalt oder Schuldnerberater die Rechtslage kennen (nämlich
die
Selbstverpflichtung der Geldinstitute, bei Sparkassen eventuell
zusätzliche
Gesetze je nach Bundesland (Stichwort „Kontrahierungszwang“)).
- Zeigen Sie auf, wie Sie
die momentanen Finanzprobleme lösen
wollen.
- Machen Sie deutlich, dass
Sie es nicht hinnehmen wollen, vom
Wirtschaftsleben ausgeschlossen zu werden.
- Ist die Bank nicht
gewillt nachzugeben, weisen Sie auf die
Konsequenzen hin: Beschwerde bei der Zentrale, Beschwerde beim
Ombudsmann,
evtl. gerichtliche Klärung.
- Lassen Sie sich die
Ablehnung schriftlich geben.
- Verlangen Sie, dass die
Gründe schriftlich genannt werden.
- Nehmen Sie einen Zeugen
mit, falls Schriftliches abgelehnt
wird.
TIPP
Bevor Sie die Bank mit dem Nein des Filialleiters verlassen,
lassen Sie sich von ihm die Adresse der für ihn zuständigen
Schlichtungsstelle
nennen. Er ist dazu verpflichtet. Damit ist nun endgültig klar, dass
Ihr Fall unangenehm
wird.
Oft ist der erste Versuch
schon von Erfolg gekrönt, da Sie
gezeigt haben, dass Sie kein lammfrommer 08/15-Kunde sind, den man
einfach vor
die Tür setzen kann, sondern widerspenstig werden können. Dennoch sind
manche
Filialleiter hart gesotten genug, um beim Nein zu bleiben.
Nun
müssen Sie in der zweiten
Stufe den Druck
erhöhen, indem Sie mehr Unannehmlichkeiten verursachen. Dazu schreiben
Sie
einen höflich-sachlichen Beschwerdebrief. Aber nicht an die Filiale
(die ihn
vielleicht nicht weiterleitet), sondern an die Zentrale der
betreffenden Bank
oder Sparkasse. Muster für Kontokündigung bzw. Kontoverweigerung finden
Sie auf
den nachfolgenden Seiten. Eventuell sind Sie für Ihren Fall schon
kopierfertig,
ansonsten müssten Sie sie auf Ihre Situation anpassen.
Warum
sollte solch eine Beschwerde
Erfolg haben?
Weil Sie
sich – und das ist ganz wichtig – an die Rechtsabteilung wenden. Sie
machen
sich dadurch unterschiedliche Auffassungen innerhalb des
Kreditinstituts zu
Nutze:
- Der Filialleiter ist ein
Pragmatiker. Er regelt gewisse
Dinge auf seine Weise. Nicht immer ganz korrekt, aber der Erfolg gibt
ihm
Recht, weil viele Kunden unwissend sind oder sich einschüchtern lassen
oder
sich machtlos fühlen usw.
- Die Rechtsabteilung
dagegen besteht aus Juristen. Diese
betrachtet den Fall so: Wie ist die Rechtslage? (in 90% dieser Fälle
ist sie
für den Kunden günstig!). Wie sind die Chancen des Unternehmens im
Rechtsstreit?
Wenn dann noch dazu
kommt, dass eine solche Beschwerde als
lästig angesehen wird, weil sie in der Filiale auf einfache Weise hätte
vermieden werden können, steigen Ihre Siegchancen weiter.
Und wenn man dem Filialleiter aus irgendwelchen anderen
Gründen nicht wohl gesonnen ist, kommt Ihre Beschwerde gerade recht.
Über alle
Mitarbeiter werden Personalakten geführt, auch über leitende. Und in so
einer
Akte ist nicht nur Platz für positive Bewertungen. Kommen in einer
Filiale
häufig Beschwerden vor, fällt das schnell auf und wird festgehalten.
Stellen Sie sich nur mal vor, was Sie mit Ihrer Beschwerde
da in Gang setzen: Ein oder zwei hoch bezahlte Juristen müssen sich
damit
befassen. Der Filialleiter muss schriftlich Stellung nehmen. Der
Kundenbetreuer
in der Filiale muss auch gehört werden. Eine Beschwerde beim Ombudsmann
haben
Sie auch angedroht – das verspricht noch mehr Arbeit. Und dann haben
Sie – weil
es dringlich ist und Sie Ihr Konto schnell brauchen – auch noch eine
kurze
Frist von nur 1-2 Wochen gesetzt… Sehr unangenehm. Aber leicht
aus der
Welt zu schaffen, wenn man Ihnen entgegenkommt…
Zwischenfazit: In den allermeisten Fällen haben Sie nach zwei
Wochen das
gewünschte Konto.
Und wenn die
Rechtsabteilung auch stur ist?
Dann
ist immer noch nichts verloren. Sie haben nämlich noch
zwei Trümpfe. Für diese dritte
Stufe ist dies der unabhängige Ombudsmann. Der
Ombudsmann ist eine Schlichtungsstelle, eine Art Schiedsrichter für
Streitigkeiten zwischen Banken/Sparkassen und deren Kunden.
- Die Einschaltung dieser
Beschwerdestelle ist kostenlos.
- Die Schlichtungsstellen
haben Beschwerdeformulare vorrätig.
- Die Entscheidung ist bis
zu einem Streitwert von 5.000 Euro
für die Bank bindend; sie kann erst über diesem Streitwert vor Gericht
klagen.
Der Kunde dagegen kann dies schon unterhalb 5.000 Euro Streitwert,
falls er mit
der Entscheidung des Ombudsmannes nicht einverstanden ist.
- Erfahrungsgemäß wird die
Mehrheit der Beschwerden zu Gunsten
der Kunden entschieden.
- Eine Beschwerde ist nach
3-6 Monaten entschieden. Insofern
ist es gut, wenn man rechtzeitig vorgebaut hat und bei einer anderen
Bank in
einer anderen Stadt ein Reservekonto besitzt.
Für die Kreditwirtschaft
gibt es vier verschiedene
Beschwerdestellen. Welche für Sie zuständig ist, ist abhängig von Ihrer
Bank.
Die Zuständigkeit erfahren Sie von:
Bundesverband deutscher
Banken
(BDB), Internet: www.bankenverband.de.
Der BDB selbst ist für
die 247 privaten Banken zuständig.
Ombudsmannverfahren unter: www.bankenverband.de/ombudsmann
Bundesverband der
deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Internet:
www.bvr.de. Der BVR ist nur für die
Genossenschaftsbanken (i.d.R. Volksbanken und Raiffeisenbanken)
zuständig.
Ombudsmannverfahren unter: http://www.bvr.de/public.nsf/093196872A341F76C1256F71004E8511/$FILE/info.pdf
Deutscher Sparkassen- und
Giroverband (DSGV), Internet: www.dsgv.de. Der DSGV ist nur für
regionale
Sparkassen und Giroverbände sowie für Landesbanken zuständig.
Bundesverband
Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Internet: www.voeb.de.
Ordentliche Mitglieder im VÖB sind Banken, deren
Anteile ganz oder teilweise von der öffentlichen Hand direkt oder
indirekt
gehalten werden (z.Zt. 33).
In
den seltensten Fällen müssen Sie in die vierte Stufe
gehen: Ein Girokonto
per Klage gegen die Bank einfordern. Wenn es ganz schnell gehen muss,
können
Sie eine Einstweilige Verfügung beantragen. Dafür müssen Sie sich einen
Rechtsanwalt nehmen, der sich mit Verbraucherrecht auskennt. 99% der
Kläger
dürften wegen ihrer wirtschaftlichen Lage Anspruch auf
Prozesskostenhilfe
haben.
Und die
Erfolgsaussichten? Vorausgesetzt Sie sind kein unzumutbarer
Kunde, sind diese gut. Noch besser sind die Chancen zu gewinnen, wenn
es sich
um eine Sparkasse handelt.

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